Das gesellschafts-, wissenschafts- und wirtschaftspolitische Groß-
projekt der Digitalisierung ist längst zum allgemeinen Platzhalter für eine Idee von Fortschritt geworden, die auf ein bloßes Bündel technischer Innovationen verkürzt worden zu sein scheint. Tatsächlich werden in Gestalt von Fragen technischer Formate und Formatierungen, der Implementierung autonomer Systeme, der Protokolle teletechnischer Vernetzungen u.a. grundlegende Fragen der menschlichen Kultur und Sozialität, des menschlichen Daseins wie des Seins im Ganzen nicht nur verhandelt, sondern stillschweigend entschieden. Unter dem Leitwort der Artifical Intelligence steht dabei gar die Frage einer technischen Mimesis mentaler, kognitiver oder neuronaler Prozesse im Raum, mithin einer auf algorithmische Prozessroutinen reduziblen Vernunft. Der Band sechs des Internationalen Jahrbuchs für Medienphilosophie widmet sich unter dem Titel digital / rational diesem Problemzusammenhang und befragt die Implikationen und Effekte einer digitalistisch halbierten Rationalität. Ihre Kritik verknüpft dabei die Kantische Frage nach deren
Legitimität und Reichweite mit der machtkritischen Frage nach den impliziten epistemischen Restriktionen technoökonomischer Systeme.